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Tuesday, April 16, 2013

Limbus - Teil 1/3


Das alte Gebäude vor mir war nicht meine Uni. Ehrlich gesagt, befand ich mich nicht einmal auf dem Rosenberg von Sankt Gallen, sondern eher irgendwo in einer Altstadt Südfrankreichs oder Italiens. Oder war es sogar Spanien? Die Bauart der ganzen Umgebung sah jedenfalls stark nach dem Mittelmeerraum aus. Die Universität selbst ähnelte mehr einem katholischen Kloster als einem Bildungsinstitut. Naja, wenigstens strahlten die Farben mehr Wärme aus als das kalte Grau des Betons, aus dem meine Uni gebaut wurde. Seltsamerweise wusste ich aus irgendeinem Grund ganz genau, wo der Eingang der klosterartigen Uni war, und ging da auch hinein. Die nächste Vorlesung begann gleich. Volkswirtschaft, sofern ich mich erinnern konnte, oder war es Bundesstaatsrecht? Wieso sollten die Südeuropäer überhaupt einen Vortrag über das Schweizerbundesrecht halten? Ganz in Gedanken versunken, stiess ich die alte Holztür aus massivem Holz, die die Wirtschaftsfakultät von der Theologischen trennt, auf, als mir plötzlich ein bekanntes Gesicht entgegenkam. Ich starrte die Person wie versteinert an. Woher kannte ich diesen Studenten? Moment, diese stechenden, grüngesprenkelten, braunen Augen und die unverkennbaren Augenbrauen, die genauso gut dem Teufel gehören könnten, hatte ich schon einmal gesehen. Genauer gesagt war ich indirekt dazu gezwungen, sie fünf Jahre lang zu ertragen, deshalb war es praktisch unmöglich für mich, diese auffälligen Merkmale einfach zu vergessen. Ich hatte es versucht, aber bis zum heutigen Tag hatte ich es nicht geschafft, sie aus meinen Erinnerungen zu verbannen. Seine Gesichtszüge hatten sich kaum verändert, nur seine Haarfarbe schien heller zu sein als damals. Sie stand ihm. Er musterte mich ebenfalls eine halbe Ewigkeit und schien sich nun auch langsam an mich zu erinnern, denn seine Augen blitzten vor Freude und Überraschung. Auch das mir allzu bekannte verschmitzte Lächeln huschte über seine Lippen.


„Wie lang ist es her, seitdem wir uns zuletzt gesehen haben?“

Seine Augen strahlten wie die Sterne am Nachthimmel. Wie oft hatte ich mich darin verloren, wenn ich mit ihm redete? Meine Wangen wurden ganz rot und ich fühlte die mir in den Kopf steigende Hitze. Ich war definitiv nervös, denn meine Knie schienen auf einmal aus Pudding zu bestehen.

„Fünf Jahre, schätze ich.“ Die Vorlesung war mir plötzlich
egal, weil ich meinen ehemaligen Rivalen nicht wieder wegen belanglosen Dingen aus den Augen verlieren wollte.

„Hasst du mich immer noch, weil ich dir damals die Tür ins Gesicht geschlagen habe?“

Das hatte ich wortwörtlich getan und bereuen tat ich dies erst seit zwei Jahren. Ich hoffte, dass er sich nicht mehr daran erinnerte, und sandte sogar ein Stossgebet zum Himmel:

„Lieber Gott, wenn es dich wirklich gibt, steh mir zur Seite und mache, dass er mir verzeiht. Besänftige sein
Gemüt.“


Mein Herz fing an, schneller zu schlagen, und mein Blick hing gespannt an seinen Lippen. Ich wartete darauf, dass er mir die Worte sagte, die ich von ihm hören wollte. Ich wollte endlich Frieden schliessen und die Sache von damals für immer ruhen lassen.

„Nein, ich hasse dich nicht mehr, obwohl ich Grund dazu hätte. Ich verzeihe dir.“

Was? Ich war verwirrt und starrte ihn wie vom Blitz getroffen an, denn ich konnte nicht glauben, dass er mir einfach so vergeben hatte.

„Wirklich?“

„Das habe ich dir gerade gesagt.“

Plötzlich nahm er mich aus heiterem Himmel in die Arme und drückte mich an sich, als ob es den furchtbaren Streit nie gegeben hätte. Es dauerte einen kurzen Moment, bis ich begriff, was gerade geschah, dann jedoch konnte ich seine Umarmung erwidern. Ich hatte ihn vermisst, sehr sogar. Aus der Ferne drangen Klänge eines Klaviers an meine Ohren. Kim Hyun Joongs Please, ganz klar, denn ich würde die Anfangsmelodie meines Lieblingsliedes immer wiedererkennen: Plötzlich fand ich mich in meinem Bett wieder. Sechs Uhr morgens. Ich stellte den Wecker ab und starrte nachdenklich zur Decke. Wehmut überkam mich, mein Herz war schwer, denn ich konnte keinen Frieden finden und fragte mich, ob der Traum etwas zu bedeuten hatte. Werde ich ihn wiedersehen?

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